Reduziert eine präbiotische Ernährung das Verlangen nach ungesundem Essen?

Leandra Oeschey

Eine pflanzliche Ernährung mit einem hohen Anteil an Ballaststoffen ist nicht nur gesund, sondern kann auch Einfluss auf das Belohnungssystem im Gehirn nehmen, indem es zu Veränderungen in der Zusammensetzung der Darmmikrobiota führt. Dies haben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Universität Leipzig nun herausgefunden. Ihre Ergebnisse haben sie jüngst im renommierten „Gut“-Journal publiziert.

Gut microbiome concept. Human intestine microbiota with healthy probiotic bacteria. Flat abstract medicine illustration of microbiology checkup.
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Präbiotika fördern das Wachstum und die Aktivität von nützlichen Darmbakterien, aber können sie auch einen Einfluss auf die Gehirnfunktion und die damit verbundene Essentscheidung haben?

Bereits frühere experimentelle Studien liefern Hinweise darauf, dass eine zusätzliche Aufnahme von präbiotischen Ballaststoffen eine Reduktion des subjektiven Hungergefühls und eine Verbesserung der hormonellen Appetitregulierung im Darm bewirken kann. Weiterhin führte Inulin, ein Präbiotikum aus der Chicoreewurzel, in einer randomisierten klinischen Studie im Vergleich zu Placebo zu einer größeren Gewichtsabnahme bei Patienten mit Adipositas. Allerdings fehlte bislang ein Nachweis in der Neurobildgebung, dass eine präbiotische Ballaststoffintervention und damit einhergehende mikrobielle Veränderungen im Darm die neuronalen Aktivierungsmuster der Nahrungsmittelbelohnung beeinflussen.

Forschende der Universität Leipzig führten daher nun eine randomisierte, kontrollierte Cross-over-Studie mit 59 Erwachsenen (18-42 Jahre) durch. Alle Teilnehmenden waren übergewichtig (BMI zwischen 25 und 30) und unterzogen sich jeweils vor und nach einer 14-tägigen Einnahme von 30g/Tag Inulin bzw. einem Placebo einer funktionellen Magnetresonanztomografie (fMRT). Während der fMRT-Bildgebung wurde den Probanden Bilder von Essen präsentiert und es wurde abgefragt, wie sehr sie die gesehenen Mahlzeiten nach dem Experiment verzehren möchten.

Vorherige fMRT-Studien hatten gezeigt, dass die Präsentation von sehr schmackhaften Nahrungsmitteln zu einer stärkeren Hirnreaktion in Belohnungsbereichen führt als gleichwertige, nicht schmackhafte Nahrungsmittel.

Geringere Aktivierung der belohnungsbezogenen Gehirnbereiche

Nach der Einnahme von Präbiotika zeigten die Teilnehmer im Vergleich zu Placebo eine geringere Aktivierung der belohnungsbezogenen Gehirnbereiche (genauer: im ventralen tegmentalen Areal und im rechten orbitofrontalen Kortex) bei der Bewertung hochkalorischer Lebensmittel.

Parallel dazu führten die Präbiotika zu signifikanten Verschiebungen in der relativen Häufigkeit der Darmmikrobiota – einschließlich des vermehrten Auftretens von kurzkettigen Fettsäuren-produzierenden Bifidobakterien und Collinsella. Dies ergab die 16S-rRNA-Sequenzierung. Außerdem zeigten sich nach der Präbiotikaeinnahme in über 60 funktionellen Signalwegen Veränderungen.

Dabei korrelierten die Veränderungen in der Hirnaktivierung mit Veränderungen in der Häufigkeit von Actinobakterien und den damit verbundenen Aktivitäten, die mit der Produktion kurzkettiger Fettsäuren in Zusammenhang stehen.

Die Ergebnisse der Studie deuten darauf hin, dass hochdosierte Präbiotika die belohnungsbezogene Hirnaktivierung als Reaktion auf hochkalorische Nahrungsmittelreize abschwächen können. Dieser Effekt ging mit einer Veränderung in der Zusammensetzung der Darmbakterien einher. Eine weitere Untersuchung der zugrundeliegenden Darmmikrobiom-Hirn-Interaktion könnte laut den Autorinnen und Autoren bei der Entwicklung neuer Strategien zur Förderung eines gesünderen Essverhaltens genutzt werden. Derzeit wird in einer Folgestudie untersucht, wie sich eine längerfristige Gabe von hochdosierten Präbiotika bei Menschen mit Übergewicht auf das Essverhalten und das Körpergewicht auswirkt.