Entstehungsmechanismen besser verstehenMorbus Crohn: Hefepilze als Entzündungs-Trigger

Bei chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen reagiert das Immunsystem fälschlicherweise auch auf Mikroorganismen im Darm, die im gesunden Zustand keine entzündliche Immunreaktion hervorrufen. Welche Mikroorganismen diese Immunantwort auslösen, war bislang weitestgehend unbekannt. Forschende haben nun herausgefunden, dass Hefepilze hierbei eine wichtige Rolle spielen könnten.

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Bei Morbus Crohn ist die Interaktion zwischen dem Immunsystem und den im Darm lebenden Mikroben gestört: Hier reagieren die Immunzellen zu stark auf bestimmte Bestandteile im Mikrobiom – es kommt zu immer wieder aufflammenden Entzündungen im Darm. 

Bisher wenig beachtet: Hefepilze

Eine wichtige Rolle bei der gestörten Immuntoleranz bei Morbus Crohn spielen T-Zellen. „Wir wollten herausfinden, welche Mikroben bei Morbus Crohn eine veränderte T-Zellreaktion auslösen“, erklärt die Erstautorin der Arbeit, Gabriela Rios Martini, Doktorandin in der Forschergruppe von Professorin Petra Bacher am Institut für Immunologie und dem Institut für klinische Molekularbiologie, CAU und UKSH.

Dazu hat das Team sich die Reaktion bestimmter T-Zellen auf verschiedene Mikroben in Blut- und Gewebeproben von Patientinnen und Patienten im Vergleich zu gesunden Menschen angesehen. „Zuerst haben wir die Reaktion auf bestimmte Bakterien untersucht, da diese einen großen Teil des Mikrobioms ausmachen, doch hier konnten wir mit den bislang untersuchten Spezies keine Unterschiede zwischen Erkrankten und Gesunden feststellen“, so Rios Martini weiter. „Dann haben wir uns aber die T-Zellreaktionen auf Hefepilze, wie verschiedene Candida oder Saccharomyces Spezies, angesehen und dort überraschend eine massiv verstärkte T-Zell-Reaktion bei Morbus Crohn-Patientinnen und -Patienten festgestellt.“ Untersucht hatten die Forschenden die Reaktion auf sowohl Hefepilze, die Teil des natürlichen, gesunden Mikrobioms sind, als auch Hefepilze, die vor allem über die Nahrung in den Darm gelangen.

Kreuzreaktivität: T-Zellen reagieren auf viele verschiedene Hefepilze

Um mehr über die funktionellen Eigenschaften der T-Zellen zu erfahren und auch die T-Zell-Rezeptoren zu untersuchen, haben die Forschenden die gegen die Hefepilze reagierenden T-Zellen sequenziert. Bacher und ihr Team haben so festgestellt, dass bei Erkrankten vor allem T-Zellen vorkommen, deren T-Zell-Rezeptoren gegen viele verschiedene Candida und Saccharomyces Spezies reagieren können. „Offenbar erkennen die T-Zellen spezifisch einen bestimmten Teil in diesen verwandten Hefepilzen, der in vielen der untersuchten Spezies vorkommt“, erklärt die federführende Senior-Autorin Professorin Petra Bacher vom Institut für Immunologie und dem Institut für klinische Molekularbiologie, CAU und UKSH. „Das bedeutet, dass die T-Zellen nicht nur auf eine bestimmte Hefe-Spezies reagieren, sondern durch viele verschiedene Candida und Saccharomyces Hefen aktiviert werden können“, so Bacher weiter. In dieser sogenannten Kreuzreaktivität sehen Bacher und ihr Team auch eine Erklärung, warum die Hefe-spezifischen T-Zellen zur chronischen Entzündungsreaktion beitragen könnten.

„Insgesamt deuten unsere Daten darauf hin, dass nach einer anfänglichen T-Zell-Reaktion gegen Hefepilze der wiederholte Kontakt mit Antigenen, die in mehreren Hefepilzen vorkommen, zur Aktivierung und Vermehrung der kreuzreaktiven T-Zellen führt. Die Immunreaktion wird also vermutlich immer wieder ausgelöst, was wahrscheinlich auch zur Chronifizierung der Entzündung beiträgt“ so Bacher. Dabei könnten neben den im Darm lebenden, sogenannten kommensalen Hefepilzen auch die täglich aus der Nahrung aufgenommenen Hefen eine Rolle spielen.

Neuer Therapieansatz: Verzicht auf Hefen in der Ernährung?

In weiteren Studien wollen die Forschenden nun untersuchen, wie sich der Verzicht auf Hefen in der Ernährung oder die Eliminierung der Hefepilze im Darm durch eine anti-fungale Therapie auswirkt. Ein anderer Ansatz wäre, gezielt die kreuzreaktiven Hefe-spezifischen T-Zellen durch zelluläre Therapien außer Gefecht zu setzen. Diese weiterführenden Studien werden klären, ob potenzielle zukünftige Therapien, die direkt auf die Hefepilze im Darm oder auf die Hefe-spezifische T-Zellen abzielen, auch klinisch wirksam sind, so das Forscherteam.

Martini, G.R., Tikhonova, E., Rosati, E. et al. Selection of cross-reactive T cells by commensal and food-derived yeasts drives cytotoxic TH1 cell responses in Crohn’s disease. Nat Med (2023). https://doi.org/10.1038/s41591-023-02556-5