Neue Wege sind gefragtElternbasierte Programme zur Prävention von Adipositas bei Kleinkindern ohne Wirkung

Elternbasierte Programme zur Vorbeugung von Übergewicht bei Kleinkindern greifen zu kurz. Maßnahmen, die allein auf elterliches Verhalten setzen, zeigen keine messbare Wirkung. Forschende der Forschungskooperation TOPCHILD fordern daher ein Umdenken – hin zu strukturellen Veränderungen wie gesünderem Schulessen und besseren Lebensbedingungen für Familien.

Ein übergewichtiges Paar geht mit seinem Sohn am Flussufer spezieren
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Eltern allein schaffen es oft nicht ihren Kindern gesunde Lebenswelten zu vermitteln – das aber wäre ein entscheidender Faktor für die Prävention von Übergewicht bei Kindern.

Elternbasierte Programme zeigen keine Wirksamkeit zur frühen Vorbeugung von Übergewicht bei Kleinkindern – das ist das zentrale Ergebnis einer aktuellen internationalen Studie. Die groß angelegte Analyse von Daten aus 10 Ländern zeigt: Maßnahmen, die allein auf elterliches Verhalten wie Förderung von gesunder Ernährung oder mehr Bewegung abzielen, beeinflussen das Körpergewicht der Kinder im Alter von 2 Jahren nicht messbar.

Die Studie basiert auf der Analyse von Daten aus 31 Interventionsstudien mit fast 29.000 Kindern aus 10 Ländern. Sie untersuchte elternfokussierte Maßnahmen, die zwischen der Schwangerschaft und dem 1. Geburtstag des Kindes ansetzen. Ziel der Programme war es, Eltern zu gesunden Ernährungs-, Schlaf- und Bewegungsgewohnheiten ihrer Kinder zu befähigen.

Insbesondere Eltern mit niedrigem Einkommen sind oft überfordert

Doch laut der Studienleiterin Prof. Anna Lene Seidler, Rostock blieb der Effekt auf das Körpergewicht der Kinder aus: „Die erste Lebensphase ist für viele Familien herausfordernd. Eltern stehen unter enormem Druck, gleichzeitig fehlen ihnen oft Zeit, Ressourcen und stabile Rahmenbedingungen, um gesundheitsförderliche Verhaltensweisen dauerhaft umzusetzen.“

Besonders betroffen seien Familien mit niedrigem Einkommen. „Sie werden von solchen Programmen seltener erreicht – was bestehende Ungleichheiten sogar verschärfen kann“, erklärt Seidler.

Strukturen schaffen statt Schuldzuweisungen

Präventionsprogramme zur Verhinderung von kindlichem Übergewicht sollten verstärkt auf strukturelle Verbesserung von Lebenswelten wie den Zugang zu gesunden Lebensmitteln und Grünflächen abzielen, so das Fazit der Studie. „Eltern leisten viel, aber sie können Übergewicht bei Kindern nicht im Alleingang verhindern“, sagt Dr. Kylie Hunter, Sydney (Australien), Erstautorin der Studie. „Wir müssen die Umgebungen verbessern, in denen Kinder essen, lernen und spielen – gesunde Entscheidungen müssen für alle einfacher werden, unabhängig davon, wo sie leben.“

Die Forschenden der Studie fordern angesichts der Ergebnisse ein Umdenken in der Adipositasprävention: Weg von einer ausschließlichen Fokussierung auf das Verhalten von Eltern – hin zu strukturellen Lösungen, die Lebenswelten von Kindern gesundheitsförderlich gestalten, wie den Zugang zu Grünflächen und gesunden Lebensmitteln. Ein Beispiel dafür, womit sich die Forschenden an der Universitätsmedizin Rostock nun näher befassen, ist der Zugang zu gesundem und bezahlbarem Schulessen.