Zucker schlägt HungerGlobale Trendwende: Mehr fettleibige als untergewichtige Kinder weltweit

Erstmals sind weltweit mehr Kinder und Jugendliche fettleibig als untergewichtig. Laut UNICEF betrifft starkes Übergewicht inzwischen jeden 10. Heranwachsenden. Die Ursachen sind billige, stark verarbeitete Lebensmittel und aggressives Marketing. Die Folgen reichen von Diabetes bis Depression. Ein Land zeigt, wie Prävention gelingen kann – Mexiko verbietet Junkfood an Schulen.

Ein übergewichtiges Kind sitzt am Tisch und isst.
Markus Scholz/dpa
Süßes Übergewicht: Immer mehr Kinder greifen zu Chips statt Karotten. Die Folgen: Erstmals gibt es mehr fettleibige als untergewichtige Kinder und Jugendliche auf der Welt.

Starkes Übergewicht löst nach Angaben von UNICEF, dem United Nations International Children's Emergency Fund, erstmals Untergewicht als die häufigste Form der Fehlernährung bei Kindern und Jugendlichen ab. Dem UNICEF-Ernährungsbericht zufolge ging Untergewicht bei Kindern im Alter von 5–19 Jahren seit 2000 von rund 13 auf 9,2% zurück, während Fettleibigkeit von 3 auf 9,4% stieg. 

Damit trete Fettleibigkeit erstmals in den meisten Regionen der Welt häufiger auf als Untergewicht – mit Ausnahme von Subsahara-Afrika und Südasien. Wie UNICEF Deutschland in Köln mitteilte, stützt sich der UNICEF-Ernährungsbericht auf Daten aus über 190 Ländern und umfasst Haushaltsbefragungen, modellierte Schätzungen, Prognosen und Umfragen.

Hier geht's direkt zum UNICEF-Ernährungsbericht

In vielen Ländern mit hohem Einkommen sei der Anteil adipöser Kinder und Jugendlicher sehr hoch, beispielsweise 27% der 5- bis 19-Jährigen in Chile, 21% in den USA und ebenfalls 21% in den Vereinigten Arabischen Emiraten. 

In Deutschland ist jedes vierte Kind übergewichtig

In Deutschland sind die Zahlen laut Unicef relativ konstant. Jedes 4. deutsche Kind im Alter von 5–19 Jahren ist demnach übergewichtig, mit leicht steigender Tendenz: von 24% im Jahr 2000 auf 25% im Jahr 2022. Der Anteil adipöser Kinder in dieser Altersgruppe ist bei 8% konstant.

«Wenn wir über Mangelernährung sprechen, geht es nicht mehr nur um untergewichtige Kinder», fasst UNICEF-Exekutivdirektorin Catherine Russell die Ergebnisse zusammen. «Fettleibigkeit ist ein wachsendes Problem, das sich auf die Gesundheit und Entwicklung von Kindern auswirken kann. Stark verarbeitete Lebensmittel ersetzen zunehmend Obst, Gemüse und Proteine in einer Lebensphase, in der Ernährung eine entscheidende Rolle für das Wachstum, die kognitive Entwicklung und die psychische Gesundheit von Kindern spielt.»

Der Report warnt davor, dass stark verarbeitete Lebensmittel und Fast Food oft preiswert zu bekommen seien und aggressiv vermarktet würden. Zudem beeinflusse das Marketing der Lebensmittel- und Getränkeindustrie über digitale Kanäle das junge Publikum sehr wirkungsvoll.

Mexiko macht ernst: Junkfood-Verbot an Schulen

Die Folgen von Übergewicht gehen dabei weit über gesundheitliche Risiken hinaus: Übergewichtige Kinder

  • fehlen laut Unicef häufiger in der Schule,
  • haben Probleme mit ihrem Selbstwertgefühl und
  • sind häufiger Mobbing ausgesetzt.

Einmal in der Kindheit oder Jugend entstanden, sei Fettleibigkeit nur schwer rückgängig zu machen und bleibe oftmals bis ins Erwachsenenalter bestehen.

Als Positiv-Beispiel hebt der Bericht unter anderem Mexiko hervor. Dort habe die Regierung kürzlich den Verkauf und Vertrieb von stark verarbeiteten Lebensmitteln und Produkten mit hohem Salz-, Zucker- und Fettgehalt in öffentlichen Schulen verboten. Davon profitierten über 34 Millionen Kinder.