Die Hepatitis E Virusinfektion – eine häufige Erkrankung der Leber

Priv. Doz. DDr. Thomas Horvatits

Das Hepatitis-E-Virus (HEV) ist eine weltweit vorkommende Viruserkrankung, welche vor allem eine Entzündung der Leber verursacht, in seltenen Fällen aber auch andere extrahepatische (z.b. neurologische) Erkrankungen verursachen kann. Früher wurde Hepatitis E hauptsächlich als eine Reise assoziierte und tropische Krankheit angesehen, die v.a. in Afrika und Asien auftritt. Mittlerweile ist bekannt, dass Hepatitis E auch in Europa vorkommt (authochton) und weit verbreitet ist.

Gemäß den aktuellen Infektionszahlen aus Österreich und Deutschland (RKI, Robert Koch Institut) ist Hepatitis E die am häufigsten auftretende Form einer akuten Virushepatitis. Auch wurde eine deutliche Zunahme der gemeldeten HEV-Fälle berichtet, mit etwa 2000 Fällen pro Jahr in Deutschland. Die anti-HEV Seroprävalenz, das heißt der Anteil der Menschen, die Antikörper gegen das Virus entwickelt haben da sie bereits einmal Kontakt mit dem Virus hatten, liegt in Deutschland und Österreich bei ca. 18-20%, in einigen Regionen sogar bei bis zu 30%.

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Hepatitis E ist die am häufigsten auftretende Form einer akuten Virushepatitis - und die Zahlen steigen.

HEV Genotypen und Übertragungswege

In tropischen und subtropischen Klimazonen in Afrika und Asien sind die HEV-Genotypen 1 und 2 vorherrschend. Die Übertragung von HEV Genotypen 1 und 2 erfolgt vor allem durch kontaminiertes Trinkwasser. Ein völlig anderes Bild stellt sich in den westlichen Industrienationen dar, wo der Genotyp 3 des Virus vorherrschend ist. Genotyp 3 ist eine Zoonose, das heißt Tiere (allen voran Schweine) stellen eine wesentliches Reservoir dar. Die Übertragung von Genotyp 3 erfolgt primär durch den Verzehr von rohem oder unzureichend erhitztem Schweinefleisch. Jedoch konnten auch andere Lebensmittel wie Wild- und Hasenfleisch sowie Muscheln als potentielle Überträger der Infektion identifiziert werden. Durch Erhitzen auf über 70 Grad Celsius für mindestens 10 Minuten können die Hepatitis E Viren inaktiviert werden. Auch wurden vermehrt Fälle von Übertragung von HEV über Blutprodukte bekannt. Seit 2019 werden in Deutschland daher alle Blutprodukt auf HEV-RNA untersucht.

Akute und chronische Hepatitis E

Das klinische Erscheinungsbild ist facettenreich, von der klinisch stillen (inapparenten) Infektion bis hin zum akuten oder akut-auf-chronischen Leberversagen (v.a. bei Patienten mit vorbestehender Lebererkrankung). Eine HEV Infektion heilt bei Immungesunden in aller Regel spontan aus und verbleibt bei der Mehrheit aller Infizierten asymptomatisch. Dennoch sind Fälle einer akuten Hepatitis (Leberwerterhöhung, Ikterus, Abgeschlagenheit, Fieber) möglich und werden bsp. vermehrt bei älteren Männern in Genotyp 3 Regionen beobachtet.

Bei Patienten mit geschwächtem Immunsystem - angeboren oder erworben (wie z. B. durch HIV, rezente Chemotherapie oder bedingt durch Immunsuppressiva nach Organtransplantation oder bei einer schweren rheumatischen Erkrankung) - , besteht ein erhöhtes Risiko von bis zu 50% für die Etablierung einer chronischen Leberentzündung wie u.a. einer chronischen Hepatitis E. Dies kann zu schweren Folgeerkrankungen inkl. dem Entstehen einer Leberzirrhose und letztlich zum Tod führen. Eine chronische Hepatitis E liegt per definitionem vor, wenn das Virus über mindestens 3 Monate im Körper nachweisbar ist (HEV-RNA). In solchen Fällen ist eine rasche Vorstellung im Zentrum / bei einem Experten zu empfehlen.

Therapie: Welche Möglichkeiten gibt es?

Obwohl es bisher keine spezifische medikamentöse Therapie für Hepatitis E gibt, ist eine Behandlung der chronischen Form wichtig und sollte nicht verzögert werden. Gemäß Empfehlungen kann dies einerseits durch eine Reduktion der immunsuppressiven Therapie versucht werden. Andererseits ist häufig eine medikamentöse antivirale Therapie nötig. Hierfür kommt Ribavirin, ein Medikament aus der Hepatitis-C-Therapie, off-label, zur Verwendung. Eine Ribavirin-Therapie führt in bis zu 90% der Fälle zu einer Ausheilung der chronischen Hepatitis E.

Eine Hepatitis-E-Impfung (Hecolin) ist seit 2011 in China erhältlich. Hier ist aber zu beachten, dass in China ein anderer Genotyp verbreitet ist als in Europa. Daher ist unklar, ob diese Impfung vor dem in der westlichen Welt verbreiteten Genotyp 3 adäquat schützen würde. Daten zur Effizienz dieser Impfung in Genotyp 3 Regionen sind derzeit noch nicht vorliegend.