Innovativer AtemtestMini-Sensor erkennt Helicobacter-pylori-Infektion durch Atemanalyse

Ein neu entwickelter Mini-Sensor der Universität Ulm ermöglicht die schnelle, mobile und kostengünstige Diagnose von Helicobacter-pylori-Infektionen durch eine mobile Atemanalyse. Diese Technologie könnte die bisher aufwändige und teure Diagnostik zum Schutz vor Magengeschwüren, Gastritis und sogar Magenkrebs revolutionieren.

Helicobacter pylori in microscope. Bactreiias.
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Eine schnelle, kostengünstige und effektive Detektion von Helicobacter-pylori-Infektionen per Atemtest – dies versprechen sich Forscher und Forscherinnen aus Ulm von ihrem miniaturisierbares, infrarotbasiertes Sensorsystem.

„Wir haben ein auf Infrarot (IR) basiertes Sensorsystem entwickelt, das Helicobacter pylori über einen mobilen Atemtest nachweisen kann. Die Technologie hat großes Potenzial zur Miniaturisierung und ist kostengünstig“, sagt Prof. Boris Mizaikoff. Der Leiter des Instituts für Analytische und Bioanalytische Chemie an der Universität Ulm und des Hahn-Schickard-Standortes Ulm hat den Mini-Sensor gemeinsam mit Forscherinnen aus seinem Institut entwickelt. Nun arbeitet das Team an einer Smartphone-tauglichen technischen Lösung für den individualisierten und mobilen Einsatz.

Zur Analyse der Atemluft greifen die Ulmer Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler auf ein spektroskopisches Verfahren aus dem mittleren Infrarot-Bereich (MIR) zurück. Die Infrarotspektroskopie ist billiger als die herkömmlich dafür eingesetzte Massenspektrometrie und kann gut miniaturisiert werden. „Die MIR-Spektroskopie ist besonders gut geeignet für die Gas-Phase-Analytik von Molekülen wie Kohlenstoffdioxid, die Licht im Infrarotspektrum besonders gut absorbieren“, so Dr. Gabriela Flores Rangel. 

Biologischer Trick des Bakteriums erlaubt den Nachweis

Helicobacter pylori ist ein Überlebenskünstler. Das säureresistente Stäbchenbakterium siedelt im Magen, einem Ort, an dem unzählige Krankheitserreger sonst den Tod finden. Zum Schutz gegen die aggressive Magensäure errichtet der Magenkeim einen chemischen Schild. Dabei hilft ihm ein Enzym, das Helicobacter pylori selbst produziert: die Urease.

Das Enzym spaltet Harnstoff in Kohlenstoffdioxid und Ammoniak, wobei Wasser verbraucht wird. Die Bakterien nutzen das Ammoniak, eine basisch wirkende Stickstoffverbindung, um die Magensäure chemisch abzupuffern. „Uns interessiert aber das Kohlenstoffdioxid, also das Nebenprodukt der bakteriell angeregten hydrolytischen Katalyse“, so Mizaikoff.

Um dieses „verräterische“ Kohlenstoffdioxid von dem unterscheiden zu können, das der Mensch sowieso ausatmet, greifen die Forschenden auf ein Markierungsverfahren zurück, das in der chemischen Analytik und medizinischen Diagnostik gebräuchlich ist. Der Harnstoff, der den Probanden für den Urease-Test verabreicht wird, enthält „markierten“ Kohlenstoff (anstatt von 12C ist das 13C).

Das Kohlenstoffisotop 13C absosrbiert das Infrarotlicht bei einer niedrigeren Wellenlänge absorbiert als 12C. „Diese Unterschiede in der Absorption können wir mit Hilfe der MIR-Spektroskopie messen. Sie verraten uns, wieviel Kohlenstoff aus dem bakteriell gespaltenen Harnstoff stammt und zeigen damit an, ob eine Infektion mit Helicobacter pylori vorliegt oder nicht“, erläutert Flores Rangel.

Bislang können Tests auf Helicobacter pylori nur im klinischen Kontext durchgeführt werden. Bei den invasiven Verfahren werden Gewebeproben aus Magen-Darm-Spiegelungen bakteriologisch untersucht. Nichtinvasive Tests zur Analyse der Atemluft basieren bislang noch auf Verfahren wie der Massenspektrometrie, die sehr aufwändig und teuer sind.

Kleiner Reaktionsraum als „Verstärker“

Mizaikoff und sein Team setzen für ihr Infrarot-Sensorsystem auf eine weitere Innovation. Um die Reaktion zwischen den Probemolekülen und der Infrarotstrahlung zu verstärken, haben sie den Reaktionsraum verkleinert. Zum Einsatz kommt dabei ein sogenannter Substrat-integrierter Hohllichtwellenleiter (iHWG). Der Reaktionsraum besteht aus 2 Aluminiumplatten, die mit einer Epoxidharzverbindung luftdicht verschlossen sind. In der Bodenplatte ist ein Kanal eingelassen, durch den die Atemluft geleitet wird und der gleichzeitig als miniaturisierte Gaszelle und IR-Lichtwellenleiter dient. An den Seiten sorgen Infrarotlicht-durchlässige Bariumfluorid-Fenster dafür, dass die MIR-Strahlung entlang des Kanals reflektiert wird und die vom markierten und unmarkierten Kohlendioxid absorbierten Wellenlängen messen kann. „Wir konnten die Gaszelle bereits von ursprünglich 10 auf 3 Zentimeter verkleinern, ohne dass Messgenauigkeit verlorenging“, betont Mizaikoff. Um das Miniaturisierungspotenzial des Sensorsystems weiter auszuschöpfen, können als Lichtquelle für die IR-Spektroskopie auch Laser oder Leuchtdioden eingesetzt werden.

Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler gehen davon aus, dass sich das System so vereinfachen und verkleinern lässt, dass die Kosten für den Smartphone-tauglichen Mini-Sensor auf rund 20 Euro sinken könnten. 

Literatur: Flores Rangel G et al. ACS Sens 2025; 10: 1005–1010. DOI: 10.1021/acssensors.4c02785


Quelle: Pressemeldung „Atemtest im Taschenformat für Magenbakterien - Mini-Sensor analysiert Atemluft auf Infektion mit Helicobacter pylori” vom 19.03.2025, herausgegeben von der Universität Ulm