Eine vielversprechende diätetische InterventionIntervallfasten zur Prävention entzündlicher Darmerkrankungen?

Stephanie Schikora

Könnte eine Störung der inneren Uhr für die Entstehung chronisch entzündlicher Darmerkrankungen verantwortlich sein? Und welche Rolle spielt die Dysbiose der gastrointestinalen Mikrobiota? Diesen Fragen sind 2 Forschungsteams der Universität Hohenheim in Stuttgart nachgegangen. Das Ergebnis: Zum einen waren schon vor dem Auftreten erster Symptome Veränderungen in der Zusammensetzung des Mikrobioms zu beobachten, zum anderen war es möglich, die Entzündungsprozesse im Darm durch Intervallfasten einzudämmen.

Intervallfasten
K.Oborny/Thieme

Das Intervallfasten verzögerte den Krankheitsausbruch und beeinflusste die «innere Uhr» sowie das Darmmikrobiom positiv.

Gewonnen haben die Forscher ihre Erkenntnisse zugegebenermaßen „nur“ aus tierexperimentellen Versuchen mit 32 Mäusen aus dem Interleukin (IL)-10-Mausmodell für experimentelle Kolitis und 32 Wildtyp-Mäusen als Kontrollen. Die insgesamt 64 Mäuse teilten die Forschenden in 2 Gruppen ein: Eine Gruppe hatte unbegrenzt Zugang zu Nahrung, bei der zweiten Gruppe begrenzten sie die Fütterung auf einen Zeitinverall von 8 Stunden täglich..

Intervallfasten verzögert Krankheitsausbruch

Egal ob mit oder ohne Genveränderung – bei allen Mäusen hatte das Intervallfasten einen positiven Effekt auf die Zusammensetzung des Darmmikrobioms. Bei den Mäusen mit einer experimentell ausgelösten Darmerkrankung zeigte sich zusätzlich eine Verbesserung der Lebensqualität. Das Intervallfasten verzögerte den Ausbruch der Kolitis und reduzierte die Entzündungsmarker im Darm. Eine zeitlich begrenzte Nahrungsaufnahme könnte somit eine Möglichkeit sein der Krankheit entgegenzuwirken.

Intervallfassten beeinflusst die „innere Uhr“ positiv

Den Zusammenhang zwischen den Entzündungsprozessen und der inneren Uhr prüften die Forscher auch über eine Änderung des Lichtrhythmus – einem weiteren Umweltfaktor, der neben der Ernährung auf den normalen zirkadianen Rhythmus einzahlt. So sind Mäuse normalerweise für 12 Stunden in der Nacht aktiv und ruhen in den restlichen 12 Stunden des Tages, wenn es hell ist. Bei einem Teil der Versuchstiere aus beiden Studiengruppen –  also mit und ohne einer genetischen Veranlagung für die Entwicklung einer Kolitis – wurde dieser normale Rhythmus auf einen Wechsel zwischen der Hell- und Dunkelphasen im Abstand von nur 4 Stunden verkürzt.

Das Ergebnis überraschte die Studienautoren: Denn die Studie lieferte keine eindeutigen Hinweise darauf, dass eine Störung der inneren Uhr das Auftreten von Entzündungszeichen im Darm fördert. Das Intervallfasten dagegen vermittelte auch hier positive Effekte, und die Störung der «inneren Uhr» der Mäuse konnte wieder verringert werden. Dies könnte insofern relevant sein, da die menschliche «innere Uhr» oft gestört wird – etwa, weil Schichtarbeit zu leisten ist oder weil noch spät am Abend gegessen wird.

Mikrobiomuntersuchung zur Früherkennung?

Eine weitere Beobachtung der Forscher könnte helfen, Darmerkrankungen künftig bereits im Frühstadium zu erkennen. Denn bei den Mäusen waren Modifikationen in der Zusammensetzung des Mikrobioms und Störungen der «inneren Uhr», die auf eine bevorstehende Erkrankung hinweisen können, schon vor dem Auftreten erster Symptome zu sehen. Diese Veränderungen im Darm folgten einem Muster, sodass es den Forschern möglich war vorherzusagen, wann sich die ersten Symptome der Erkrankungen zeigen würden.

Dieses Ergebnis lasse sich später vielleicht auch auf den Menschen übertragen, hoffen die Hohenheimer Wissenschaftler. Möglicherweise lasse sich auch für den Menschen ein Vorhersagemodell entwickeln, um so vorbeugende Therapiemaßnahmen dann vielleicht schon vor dem Auftreten erster Symptome einleiten zu können.

Chronisch entzündliche Darmerkrankungen galten  lange Zeit als Problem der Industrieländer; inzwischen werden sie auch in den neu «verwestlichten» Regionen der Welt immer häufiger. Neben genetischen Faktoren sind daher wahrscheinlich auch Umwelt- und Lebensstilparameter wichtige Risikofaktoren. Wie groß der Einfluss des Mikrobioms einerseits oder bestimmter Lebensstilinterventionen wie beispielsweise veränderte Ernährungsgewohnheiten andererseits tatsächlich ist, bleibt derzeit umstritten.

Ihre aktuelle Studie wirft nach Ansicht der Autoren ein neues Licht auf die Beziehung zwischen entzündlichen Darmerkrankungen, der zirkadianen Uhr und dem Darmmikrobiom und verweist zum einen auf die klinische Relevanz der zirkadianen Rhythmik und der Zusammensetzung des Darmmikrobioms als potenzielle Biomarker mit prädiktivem Potenzial für die Entwicklung einer Kolitis, und zum anderen auf das Potenzial des intermittierenden Fastens als vielversprechende diätetische präventive Intervention bei Hochrisikopersonen.