Verjüngung aus dem DarmMikrobiom-Kur stoppt das Altern – zumindest bei Mäusen

Mit zunehmendem Alter verändert sich die Stoffwechselaktivität der Darmbakterien – zu Ungunsten des Wirts. So ist die Stoffwechselaktivität des Mikrobioms ist im Alter deutlich reduziert, und die Bakterien produzieren weniger lebenswichtige Substanzen, die der Körper benötigt. Das kann zur Alterung beitragen. Offensichtlich lässt sich der Alterungsprozess aber aufhalten, wenn wiederholt und lebenslang „junges“ Mikrobiom übertragen wird – zumindest im Mausmodell ist dies jetzt geglückt.

Altern ist (vielleicht) kein Schicksal - junges Darmmikrobiom bremst den Alterungsprozess
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Ein Stopp des Alterungsprozesses gelang den Forschern nicht, durch die Suhltransplantation von jungem Darmmikrobiom konnten sie aber einige Altersanzeichen reduzieren.

Das Darmmikrobiom spielt eine wichtige Rolle für Gesundheit, Krankheit und auch fürs Altern. Verschiedene Studien legen nahe, dass das Mikrobiom „altert“ und Alterungsprozesse des Wirts vorantreibt. Unklar war bislang, über welche Mechanismen das Mikrobiom die Alterung im Wirt steuert. Dieser Frage ging ein Forschungsteam unter der Leitung von Prof. Christoph Kaleta, Kiel, und Dr. Christiane Frahm, Jena, nach. Während das Kieler Exzellenzcluster „Precision Medicine in Chronic Inflammation“ (PMI) seine Expertise in der metabolischen Modellierung einbrachte, stellte das Umiversitätsklinikum Jena zentrale experimentelle Daten für die Analysen bereit.

Altern ist (vielleicht) kein Schicksal

Während der Alterung kommt es zu einer starken Reduzierung der Stoffwechselaktivität des Mikrobioms, so die Ergebnisse der Forscher [1]. „Diese Veränderungen spiegeln sich direkt in den Stoffwechselprozessen des Wirtes wider“, betont Kaleta. Ein zentrales Ziel der weiteren Forschung ist es, Wege zu finden, diese altersbezogenen Veränderungen im Mikrobiom wieder umzukehren, etwa durch spezielle Nahrungszusätze. Im Tiermodell gelang es jetzt, Alterungsprozesse durch eine wiederholte mikrobielle Verjüngungskur zu verlangsamen [2]. 

Computermodell als Abbild für den Stoffwechsel von Darmbakterien

Schon länger ist bekannt, dass sich das Mikrobiom mit dem Altern verändert und an altersbedingten Prozessen beteiligt ist. „Studien zeigen, dass die Übertragung des Mikrobioms älterer Tiere auf jüngere Tiere Entzündungsprozesse verstärken kann, während umgekehrt die Transplantation eines jungen Mikrobioms bei älteren Tieren verjüngende Effekte zeigte – ein Phänomen, das in verschiedenen Spezies beobachtet wurde“, sagt Frahm. 

„Um das besser zu verstehen, haben wir Computermodelle des Stoffwechsels von Wirt und Mikrobiom erstellt“, erklärt Kaleta [1]. Hierfür wurden molekularbiologische Daten von Darm-, Hirn-, Lebergewebe und Stuhlproben von Mäusen unterschiedlicher Altersgruppen verwendet. Mit den Daten der Gewebe- und Stuhlanalysen wurde für jede Maus ein eigenes Computermodell erstellt, dass die Organe des Wirts und das Mikrobiom repräsentiert. Damit lässt sich untersuchen, welche Moleküle zwischen dem Wirt und dem Mikrobiom ausgetauscht werden.

„Wir haben zum Beispiel festgestellt, dass der Wirt das Mikrobiom häufig als eine Art Recycler verwendet“, so Kaleta weiter. So stellt der Wirt dem Mikrobiom Stoffwechselendprodukte zur Verfügung, aus denen wiederum Substanzen hergestellt werden, die für den Wirt essenziell sind. Dies ermöglicht eine effizientere Nutzung von Ressourcen, die im Alter jedoch nachlässt.

Altersbedingter Rückgang der mikrobiellen Stoffwechselaktivität 

Ein zentrales Ergebnis der Studie war, dass die Stoffwechselaktivität des Mikrobioms mit zunehmendem Alter erheblich abnimmt. „Die einzelnen Bakterienspezies arbeiten nicht mehr so effizient zusammen und konkurrieren verstärkt um Nährstoffe“, erklärt Erstautorin Lena Best. Dies hat direkte Auswirkungen auf den Wirt, da viele essenzielle Zellfunktionen – darunter die Stabilisierung der Darmbarriere sowie Reparatur- und Umbauprozesse – vom Mikrobiom abhängen.

Stuhltransfer: Mikrobiom junger Mäuse verlangsamt das Altern

Unter Umständen scheint es aber möglichzu sein, Alterungsprozesse im Wirt und auch im Mikrobiom zurückzudrängen: „Dazu gibt es zwar schon vereinzelt Hinweise aus früheren Studien, aber wir haben erstmals über die gesamte Lebensdauer einer Maus versucht, das Mikrobiom zu verjüngen“, erklärt Prof. Philip Rosenstiel, Kiel. Dazu wurde den Tieren 2 Jahre lang alle 8 Wochen Stuhl von jungen Mäusen übertragen, während die Tiere in der Kontrollgruppe das Mikrobiom von gleichalten Mäusen per Stuhltransfer erhielten.

„Wir konnten dadurch auch tatsächlich einige Altersanzeichen reduzieren“, betont PD Felix Sommer, Erstautor der Studie. „Die Bewegungskoordination verbesserte sich und die Darmbarriere blieb erhalten.“ Zudem waren im jungen Mikrobiom weniger entzündungsfördernde Faktoren zu finden Beim Wirt, also der Maus, gingen typische Zeichen für das sogenannte Entzündungsaltern (Inflamm-aging) zurück. Das Entzündungsaltern, eine leichte, andauernde Entzündung im Gewebe, gilt als ein biologisches Merkmal des Alterungsprozesses und spielt bei verschiedenen Erkrankungen eine Rolle.

Neue Perspektiven für mikrobiombasierte Therapien

Den Studienergebnissen zufolge spielt das Mikrobiom eine Schlüsselrolle für altersbedingte Veränderungen im Wirt. Dies eröffnet neue Ansätze für therapeutische Interventionen. „Wir untersuchen nun, wie wir die altersbedingten Veränderungen im Mikrobiom gezielt umkehren können“, erklärt Kaleta. Erste Studien mit bestimmten Nahrungszusätzen zeigen bei einfachen Modellorganismen, dass eine gezielte Beeinflussung des Mikrobioms tatsächlich möglich sein kann –ein wichtiger Schritt hin zu der Entwicklung mikrobiombasierter Therapien gegen die Alterung.

Literatur
[1] Best L et al. Nat Microbiol 2025; 10: 973–991. DOI: 10.1038/s41564-025-01959-z
[2] Sommer F et al. Microbiome 2025; 13: 91. DOI: 10.1186/s40168-025-02089-8